Unser Leben gewinnt an Tiefe, wenn wir ein Stück unseres Herzens geben und nicht nur ein Stück unseres Verstandes.
Ich bin ein Kopfmensch.
Ein Kopfmensch zu sein, bedeutet, auf alles, was geschieht, mit dem Verstand zu reagieren.
Nehmen wir an, ein Kind verletzt sich und weint. Wenn ich ein Stück meines Verstandes gebe, sage ich vielleicht schnell: Das wird schon wieder, ist nicht so schlimm. Denn ich kann ja vernünftig einschätzen, dass das nur eine Schramme ist und nicht weiter gefährlich.
Aber ein Trost für mein Kind ist das nicht wirklich. Wenn ich ein Stück meines Herzens gebe, gehe ich auf Augenhöhe und sage vielleicht: Oh ja, das tut weh – und natürlich nehme ich mein Kind in den Arm und puste kräftig.
Anderes Beispiel: Wenn in Gesprächen eine Pause entsteht, dann sage ich als Kopfmensch gerne etwas, weil ich Leere schwer ertragen kann. Wenn ich ein Stück meines Herzens gebe, dann höre ich auf die Stille und warte, was geschieht und welche Richtung das Gespräch dann vielleicht nimmt.
Wenn jemand mir gegenüber eine Kritik äußert, dann höre ich als Kopfmensch auf dem Beziehungs- und Appellohr, sprich: Ich nehme es persönlich, und wenn ich nicht innehalte und ein Stück meines Herzens dazu gebe, dann gerate ich womöglich in Panik, dass ich etwas falsch gemacht habe und schäme mich (oder wenn es schlecht läuft, bin ich ein paar Stunden beleidigt). Wenn ich ein Stück meines Herzens gebe, dann entscheide mich vielleicht doch für das Sachohr. Ich frage: Was genau meinst Du? Was sollte ich anders machen?
Das sind nur ein paar banale Beispiele, und doch geht es in allen diesen Beispielen wirklich um nahezu alles, meine ich.
In der jüdischen Tradition gibt es die Vorstellung, dass zwischen uns und Gott immer eine Handbreit Platz ist. Ich habe früher nicht wirklich verstanden, was damit gemeint ist, aber heute ahne ich, dass es um diesen kleinen Freiraum geht, den wir schaffen, wenn wir ein Stück unseres Herzens geben. Denn das bedeutet, Raum zu geben für das, was wirklich ist, ohne es verändern oder definieren zu wollen.
Kurzum: Wenn Du ein Stück Deines Herzens gibst, lässt Du Raum für die Schechina (so heißt in der jüdischen Tradition die Gegenwart Gottes), und letztlich geht es in allem, was wir bei barfuß+wild tun und anbieten, darum, diesen »Zwischenraum« zu erforschen, diese Handbreit, die es braucht, damit unser Leben an Tiefe gewinnen kann.
Ich wünsche Dir einen schönen Tag.
Pace e bene
br. Jan
ATEMPAUSE
EINATMEN
Erst mal ruhig atmen.
AUSATMEN
Ich bin nicht allein.
JOURNAL
Was bedeutet für Dich, ein Stück Deines Herzens zu geben?
EINE STIMME AUS DEM GROSSEN KREIS
»Ruhe, Fokussierung, Verbundenheit mit Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart.«
Birgit
RAUHNÄCHTE
PERLENGEBET
… der mit uns nackt geboren ist.